Seele und Zähne – Psychologie bestimmt Zahngesundheit

Zähne und Seele hängen viel enger zusammen als man meint. Viele Menschen denken dabei vor allen an positive Erfahrungen: Man fühlt sich wohler mit gepflegten Zähnen, man lacht lieber mit schönen Zähnen, man fühlt sich sicherer mit festsitzendem Zahnersatz.
Dabei weiß nicht nur der Volksmund aber auch von der anderen Seite zu berichten: „Zähne zusammenbeißen“ heißt es da beispielsweise, und: „Probleme durchkauen“, oder „verbissen“ an eine Aufgabe herangehen.

Dieser Aspekt beschäftigt auch die Zahnärzte – seit rund einhundert Jahren übrigens. Damals bereits wurden Zusammenhänge von Belastungen der Menschen und den Auswirkungen auf ihre Zähne festgestellt und weiter erforscht. 1987 wurde sogar eine eigene Fachgesellschaft gegründet, die sich in der Dachorganisation der zahnärztlichen Wissenschaft in Deutschland mit solchen psychosomatischen Zusammenhängen und Lösungswegen für die Patienten befasst. Psychosomatik bedeutet die Verbindung von Konflikten, die „psychische“ Seite, mit den körperlichen, den „somatischen“ Auswirkungen.

Zähne können Geschichten von der Seele erzählen – und sie leiden mit

Wer unter großem Druck steht, bei Prüfungen, bei Lebenssorgen, in Partnerschaftsproblemen, wer Angst um seine Zukunft oder seine Gesundheit hat, der neigt dazu, sich zu verspannen. Das ist ganz normal – und die Anzahl der Menschen, die unter solchen Spannungen stehen, war schon immer nicht klein, heute ist sie offensichtlich größer denn je.
Solche Verspannungen können zu den unterschiedlichsten Folgen führen – auch im Mund.
Ein paar Beispiele von vielen:

„Zähne zusammenpressen“:
Wenn man tagsüber, oft aber auch nachts und meist unbewusst, seine Zähne zusammenpresst, wird eine enorme Kraft ausgeübt. Wenn man richtig fest zusammenbeißt, entsteht auf den Backenzähnen leicht ein Druck von bis zu 40 Kilo pro Quadratzentimeter!

Die Folgen: Die Zahnwurzeln im Kiefer werden extrem belastet und drücken auf den Knochen, die Kaumuskulatur verspannt und verhärtet sich. Anhaltende Kiefergelenks, Gesichts- oder Kopfschmerzen können das einzige sein, was der Patient verspürt. Bei einer zahn/ärztlichen Untersuchung wird man – wenn man nicht auf die Ursache und die Wirkung achtet – zunächst möglicherweise erst einmal nichts finden.

„Knirschen“
Viele Menschen verarbeiten den Druck, unter dem sie stehen, auch nachts, indem sie diese Probleme „durchkauen“ und mit den Zähnen knirschen. Die Folge: Zuerst werden die Höcker auf den Zähnen, dann die Zahnoberflächen selbst durch den ständigen Knirschprozess abgerieben – Zahnärzte können das an unnatürlich glatt polierten Kauflächen erkennen.

Der Zahnersatz passt nicht
Natürlich kann es vorkommen, dass aus rein technischen Gesichtspunkten der Zahnersatz zunächst nicht gut sitzt – und einfach nachgearbeitet werden muss. Aber es gibt auch Menschen, die bewusst Zahnersatz wollen, um wieder essen und reden und lachen zu können – aber unbewusst ihren Zahnersatz als etwas Fremdes ablehnen. Tief drinnen steckt oft das Gefühl, nun „alt und hinfällig“ zu sein, weil bei manchem die „falschen Zähne“ mit der Vorstellung von gebrechlichen, alten Menschen verbunden ist. Besonders bei herausnehmbarem Zahnersatz kommt nicht selten dieses Gefühl auf: Jeden Tag beim Zähne- und Prothesenputzen wird einem wieder deutlich, dass man einen Verlust erlitten hat und einen „Ersatz“ braucht, für manche Menschen unbewusst eine große Belastung.

Gerade weil die Vernunft eigentlich für den Zahnersatz spricht, fällt es so schwer, den unbewussten Widerwillen zu erkennen. Manche Patienten und ihre Zahnärzte versuchen mehrfach hintereinander, eine technisch gelungene Lösung zu finden – sie werden es aber nicht schaffen können, so lange die Akzeptanz des Fremdkörpers Prothese nicht gelingt.

Anhaltende und unerklärbare Schmerzen
Hinter dauerhaften und schwer zuzuordnenden Schmerzen, zumal wenn sie nicht auf eine bestimmte Stelle reduziert sind, können rheumatische Erkrankungen stecken – aber auch große Belastungen.
Schmerz ist eigentlich ein faszinierendes biologisches Signal: Da wir nicht alle Vorgänge in unserem Körper sehen und prüfen können, meldet uns der Schmerz, dass etwas nicht in Ordnung ist und behoben werden muss. Eine gerissene Sehne zum Beispiel. Aber auch eine verletzte Seele kann solche Schmerzsignale und damit einen Ruf nach Hilfe aussenden. Kein Zahnarzt wird deshalb eine Lösung finden können, die allein durch zahnärztliche Behandlung diese Art von Schmerzen wirklich beheben kann.

Angst vor der Zahnbehandlung
Zehn und mehr Jahre mit großen gesundheitlichen und seelischen Belastungen durch kaputte und schmerzende Zähne kann es dauern, ehe mancher Patient dann doch notgedrungen zur Behandlung geht. Mindestens ein Unwohlsein vor einer zahnärztlichen Behandlung haben viele Menschen, eine regelrechte Angst, die sie Termine immer wieder verschieben lässt, hat Schätzungen zufolge jeder zehnte Patient.

Viele von ihnen hoffen darauf, dass sie bei einer Behandlung unter Vollnarkose nichts davon mitbekommen. Eine solche Vollnarkose ist aber nicht immer möglich. Trotzdem sollte man seine Zahngesundheit und sein Wohlbefinden nicht aufgeben: Bei entsprechend fortgebildeten
Zahnärzten, vielleicht auch mit kurzzeitiger Unterstützung geschulter Therapeuten, kann diese Angst schrittweise überwunden und durch die Erfahrung ersetzt werden, dass alles „halb so schlimm“ ist.

Der Erfolg, diese kritische Situation gemeistert zu haben, ist ein wesentlicher Baustein für das wieder gefundene Selbstwertgefühl

Weit mehr Patienten – auch viel mehr, als manche Zahnärzte vermuten – haben keine körperlich-krankhaften Ursachen für ihre Zahnprobleme, sondern die Ursache liegt im Bereich des Seelischen. Heute muss man offenbar „groß und stark“ sein – viele Menschen schenken ihrer Seele, ihrem gefühlsmäßigen Wohlbefinden oft nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie ihrem Körper.

Wer zu sehr unter Druck steht und nicht weiß, wie er ihn los wird, wer deshalb beispielsweise Zahn-, Kiefer- oder Kopfschmerzprobleme hat, dem wird auch ein mit modernsten Geräten ausgerüsteter Zahnarzt nicht helfen können. Körper und Seele sind eins – deshalb müssen auch Körper und Seele zusammen behandelt werden, wenn das System aus dem Lot ist., Wenn die Seele unter als nicht schön empfundenen Zähnen leidet, ist das unkompliziert zu lösen: Oft schon mit kleinen zahnärztlichen Maßnahmen kann der Zahnarzt z.B. störende Lücken schließen, schiefe Zähne richten oder aus herausnehmbarem Zahnersatz eine festsitzende Lösung machen. Wer bei einer zeitlich befristeten Stresslage wie z.B. einer bevorstehenden Prüfung zu sehr auf die Zähne beißt, dem kann übergangsweise eine Zahnschutzschiene helfen, die nachts getragen wird.

In manchen Fällen aber ist die Körper-Seele-Einheit auf der Seelenseite so sehr aus den Fugen geraten, dass eine zahnärztliche Behandlung keinerlei Lösung bringt. In diesen Fällen ist eine ganzheitliche Zusammenarbeit von Zahnarzt, geschultem Therapeut und Patient oft der einzige Weg, den Druck zu erkennen und abzubauen. Und erst dann können die Zahnprobleme dauerhaft gelöst werden.

Kooperationsmodell startet in Berlin

Wer vermutet, dass seine Zahn- und Mundprobleme vielleicht auch eher ein ganzheitliches Sorgenpaket sind, wird in Berlin nun besser Hilfe finden: Hier ist ein Modell gestartet, das bereits in anderen Bundesländern auf Interesse stößt und Nachahmer findet. Berliner Zahnärzte werden zusammen mit Psychotherapeuten in speziellen Informationsveranstaltungen darin geschult, solche ganzheitlichen Zusammenhänge leichter zu erkennen – das ist der wichtigste erste Schritt, um Patienten die für sie richtige Hilfe zukommen zu lassen.

Nicht in jedem Fall sind ja seelische Belastungen und Konflikte an Zahn- und Kauproblemen schuld, manchmal können es auch ungünstig sitzende Brücken und Kronen oder auch Füllungen sein. Wichtig ist es also, zuerst einmal „sehen und fühlen“ zu lernen, wann ein Patient mehr als rein zahnärztliche Hilfe benötigt, um seine Mundgesundheitsprobleme wieder loszuwerden.

Nicht jeder Zahnarzt in Berlin soll und wird sich auf dieses Gebiet spezialisieren und entsprechende tiefergehende Kenntnisse erwerben – das ist auch nicht nötig. Durch spezielle Fortbildung ist in Berlin die Anzahl der zahnärztlichen und psychotherapeutischen Praxen, in denen das Thema „Zahnprobleme“ ganzheitlich und in Zusammenarbeit angegangen wird, bereits seit einiger Zeit deutlich gewachsen. Zahnarztpraxen, die sich dem Thema Psychosomatik besonders zuwenden, sind zu finden im Internet unter www.zaek-berlin.de unter dem Stichwort Zahnarztsuche. In Zusammenarbeit mit „gesundheit-berlin.de“ kann hier bei den Suchbegriffen auf „Psychosomatik“ geklickt werden.

Auch Psychotherapeuten haben sich darauf spezialisiert, bei zahnmedizinischen Problemen zu helfen – das kann je nach Situation eine ganz kurzzeitige Unterstützung sein, aber auch mehr Zeitaufwand benötigen, ganz nach Situation des Patienten (Kontaktdaten am Ende).

Gemeinsame kostenlose Patientenberatung
Zu den Neuerungen, die die anlaufende Kooperation mit sich bringt, gehört demnächst auch eine kostenlose Beratung: Wenn Zahnärzte oder Psychotherapeuten vermuten, dass hinter den zahnmedizinischen Belastungen des Patienten seelische Konflikte stehen, oder hinter seelischen Belastungen zahnmedizinische Aspekte, kann man sich nach entsprechender Empfehlung seines Behandlers an die kostenlose und unverbindliche, von Zahnärzten und Psychotherapeuten gemeinsam betreute „Patientenberatung“ im Zahnärztehaus wenden. Dort können mögliche medizinische und mögliche seelische Belastungen gemeinsam zusammen mit dem Patienten besprochen und entsprechende Wege zur Lösung entwickelt werden. Am Anfang steht oft ein erstes Nachdenken. Ein Gespräch. Eine Erkenntnis.

Kontakthinweise:

Für allgemeine zahnmedizinische Fragen: Patientenberatungsstelle im Zahnärztehaus, Georg-Wilhelm-Str. 16, 10711 Berlin, Terminvereinbarungen unter: 030 / 89004-0
Für psychotherapeutische Fragen (Ansprechpartner-Suche): Servicetelefon der Psychotherapeutenkammer Berlin
dienstags von 14 – 16 Uhr, Rufnummer 030 / 88 714 020