Lust kann nicht behindert sein

Am 17. Mai 2006 wurde in Basel die erste deutschschweizerische Fachstelle für Behinderung und Sexualität eröffnet. Ihr Kürzel ist „fabs“. fabs setzt sich ein für die Förderung und Unterstützung selbstbestimmter Sexualität und für die Verhinderung von sexualisierter Gewalt an, zwischen und von Menschen mit Behinderung.

Noch ist die Sexualität von und mit behinderten Menschen ein Tabu

Wie sollen Menschen, deren Körper, Seele oder Geist nicht den gängigen Erwartungen an Normalität entsprechen, Lust an Ihrem Körper haben? Wie sollen sie PartnerInnen und wie Liebe finden? Auch bei Menschen mit einer Behinderung ist das Verlangen nach Zuneigung, Akzeptanz, Berührung, Zärtlichkeit, Begegnung und Erfüllung als zentrales Bedürfnis tief verankert. Sie bleiben aber sehr oft alleine mit ihrer Lust, ihren Ängsten und Nöten. Das Tabu ist oft folgenschwer. Es bildet den Nährboden für Missbrauch, sexualisierte Gewalt und grosses Leid.
Diesem Thema nahm sich in der Schweiz bisher kaum jemand auf kompetente Weise an. Damit sich das nachhaltig ändert, wurde vor zwei Jahren der Förderverein fabs gegründet, mit der Aufgabe, eine Fachstelle zu initiieren und zu unterstützen. Diese wurde jetzt in Basel eröffnet: Eine Fachstelle für Behinderung und Sexualität.

Sie setzt sich bei all ihren Tätigkeiten zum Ziel, Menschen mit Behinderung zu befähigen und zu unterstützen, ihre Sexualität selbstbestimmt, verantwortungs-und lustvoll zu leben. fabs will sich dafür einsetzen, dass sexualisierte Gewalt an, zwischen und von Menschen mit Behinderung verhindert wird. Geleitet wird die Fachstelle von Frau Dr. Aiha Zemp, Psychologin und Expertin für Behindertenfragen.

Sexuelle Gewalt mit Behinderten Aufdecken

Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie es in der Schweiz und Deutschland Menschen mit einer Behinderung geht hinsichtlich gesundheitlicher Belange im Zusammenhang mit Sexualität und sexualisierter Gewalt. Da es in unserem Land diesbezüglich keine Studien gibt, wird fabs als Kompetenzzentrum Forschung initiieren, begleiten oder in interdisziplinärer Zusammenarbeit selber durchführen.

Sowohl im Sexualstrafrecht wie auch im Zivilgesetzbuch gibt zudem verschiedene rechtliche Unklarheiten, die geklärt werden müssen. fabs setzt sich dafür ein, dass die notwendign gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, die Menschen mit einer Behinderung eine selbstbestimmte Sexualität ermöglichen. Im Sinne der Gleichstellung geht es auch darum, bei sexualisierter Gewalt Opfern mit geistiger Behinderung Glaubwürdigkeit und Tätern mit Behinderung Schuldfähigkeit anzuerkennen.
Aufklären.

Die Fachstelle wird das vorhandene und entstehende Wissen auf diesem Gebiet sammeln, aufarbeiten und damit Betroffenen und Fachleuten eine Plattform bieten zum Austausch von fundierten Informationen, zur Entwicklung von Konzepten und geeigneten Materialien.
Es gibt einen dringenden Bedarf, Frauen und Männer mit Behinderung über Sexualität und sexuelle Gewalt aufzuklären und ihnen dafür eine verbale und nichtverbale Sprache zu geben.

Da es für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung noch kaum didaktisches Material gibt, müssen entsprechende Unterlagen entwickelt werden.
fabs befähigt mit Weiterbildungen Beratungsstellen und Fachpersonen, Menschen mit Behinderung in einer offenen, klaren und leichten Sprache Kenntnisse über Sexualität und sexuelle Gewalt vermitteln zu können.

Das Tabu Sexualität und Behinderung muss auch in der Öffentlichkeit gebrochen werden. Noch immer werden Menschen mit Behinderung nämlich als geschlechtslose Wesen behandelt. Nach wie vor werden auch auf diesem Gebiet Menschen mit einer Behinderung durch Vorurteile diskriminiert wie etwa „schlafende Hunde soll man nicht wecken“, oder „die sollen sich nicht auch noch reproduzieren“.